Sich gegenseitig zu bekriegen ist im Musik-Business nichts Neues, und gehört auch nicht
erst seit der Fehde der Hiphopper der amerikanischen Ost- und Westküste zum guten Ton.
Vielmehr zieht sich das gegenseitige Übertrumpfen wie ein roter Faden durch die
Musikgeschichte der Karibik. Auf Trinidad, wo der Calypso regiert, gilt seit eh und je
derjenige als Calypso-König, der es schafft, seine Konkurrenten verbal auszustechen. So
ist bei den öffentlichen Wettbewerben besonders die Fähigkeit gefragt, seinen eigenen
Songs spontan weitere Strophen anzuhängen, in denen der Sänger nicht nur seine eigenen
Vorzüge hervorhebt, sondern auch die Bemühungen des Gegners lächerlich macht. Dabei ist
es zweitrangig, ob die Kontrahenten nun wirklich Groll gegeneinander hegen oder nicht.
Hauptsache man kann sich in Redegewandtheit üben, und das Publikum wird aufs Beste
unterhalten. (Die Verbalattacken vor den Kämpfen bei den Wrestling-Meisterschaften
heutzutage sind da nichts anderes, und auch Mohammed Ali und Joe Frasier verdienten in den
Siebzigern nicht schlecht an ihren
öffentlichen Wortgefechten).
In den Sechzigern führten Prince Buster und Derrick Morgan ihren musikalischen Streit
auf zahlreichen Singles aus, was die Plattenverkäufe ordentlich ankurbelte. In den
Siebzigern bliesen I Roy und Prince Jazzbo zum Gefecht, indem sie sich gegenseitig
schlechtmachten und sich die abenteuerlichsten Abartigkeiten unterstellten.
Und auch im zeitgenössischen Dancehall-Reggae auf Jamaika ist es üblich, sich selbst
über die Konkurrenten zu stellen und dabei deren Ansehen zu beschmutzen.
Mit "Open Season" eröffnete Django von den Stubborn Allstars aus New York 1995
die Jagdsaison. Wie so üblich erklärte er der Welt, daß er der König aller Deejays (im
Sinne von U Roy, Dennis Alcapone etc.) sei, und daß er bereit sei, auf seiner Jagd vor
keiner Beute halt zu machen.
Etwas später meldete sich Mr. Luxo (Alex Desert), einer der beiden Hepcat-Sänger
mit "Open Season... is closed" zu Wort - eine respektlose Antwort auf Djangos
vollmundige Nummer. Er beendete die Jagdsaison und sagte, Django könne von Glück reden,
denn nur so habe er die Chance, weiterzuleben. Djangos "Lyrics Mountain"
wurde von Luxo kurzerhand zum 'kleinen Maulwurfshügel' degradiert, und auch sonst zeigte
er sich nicht zimperlich.Das ließ Django nicht lange auf sich sitzen. Mit 'Hepcat
Season', veröffentlicht als Single (von seiner anderen Band 'Skinnerbox'), feuerte er
eine volle Breitseite nach Kalifornien. "Du bist die Wüste (Desert), aber ich bin
die Oase"
und weitere Gemeinheiten wirft er ihm an den Kopf.
So wurde es für mich Zeit, mich ebenfalls in den Krieg einzuklinken: mit 'No Reason
For Season' sage ich, daß es egal ist, ob nun Jagdsaison ist oder nicht, denn wenn man
sich auf seinem eigenen Territorium befindet, kann man schießen wen, wann und warum man
will. Und da wird Djangos "Lyrics Truck" zur 'kaputten Schubkarre', und Mr.
Luxos Schließen der Saison mit der Bitte kommentiert, etwas Würze (seasoning)
aufzusparen, um seinen geschmacklosen Texten ein wenig Pfeffer zu verleihen.
Es geht also munter weiter. Die Zuhörer freuen sich über das Konzept, und die Künstler
arbeiten weiterhin daran, die Widersacher durch die besseren Formulierungen, clevereren
Wortspiele und lustigeren Vergleiche zu überragen.
Dem geneigten Hörer wird jedoch schnell klar, daß es sich bei den kläglichen Versuchen
von Django und Mr. Luxo um nichts weiteres als heiße Luft handelt...
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